Buchpräsentation, Filmprogramm

• Do 27 – Sa 29 11 2014 •
The Forest and The School: Where to sit at the dinner table? Pedro Neves Marques

Das Konzept der Antropofagia in Brasilien und seine philosophische, ökologische und kosmopolitische Bedeutung


Eine Veranstaltung im Rahmen der PLURIVERSALE I.
Ort: Temporary Gallery, Mauritiuswall 35, 50676 Köln

The Forest and The School: Where to sit at the dinner table?: Podiumsdiskussion, Buchpräsentation und Filmprogramm von Pedro Neves Marques, Temporary Gallery, 27 11 2014, © Alfred Jansen

The Forest and The School: Where to sit at the dinner table? ist eine Publikation des Schriftstellers und Künstlers Pedro Neves Marques, die von Archive Books und der Akademie der Künste der Welt veröffentlicht wurde. Es ist die erste umfassende englischsprachige Anthologie über die brasilianische Tradition der Anthropophagie, die nicht nur eine ästhetische Bewegung, sondern eine kosmopolitische Philosophie in Südamerika war. Die sozialkritische und kulturrevolutionäre Anthropophagie-Bewegung beruht u.a. auf dem Anthropophagie-Manifest von Oswald de Andrade von 1928. Anstelle der Ablehnung einer europäischen Dominanzkultur, fordert dieses die Einverleibung - oder, um im Bild der Anthropophagie, d.h. des Kannibalismus zu bleiben, ein „Auffressen“ - europäischer Stilrichtungen, um einzelne Elemente daraus zu nutzen und eine eigene selbstbewusste Kultur zu entwickeln. Die Sammlung beinhaltet Texte aus Chroniken des 16. Jahrhunderts über indigene Rituale, Grundlagentexte der modernen Anthropophagie-Bewegung von Oswald de Andrade, Flávio de Carvalho und Raul Bopp sowie ihr Vermächtnis in den Schriften von Glauber Rocha und Hélio Oiticica, wie auch anthropologische Schriften von Pierre Clastres, Bruno Latour und Eduardo Viveiros de Castro und anderen. Den Quellentexten folgen aktuellere oder für dieses Projekt neu entstandene Texte, die Anthropophagie mit dem multinaturalistischen Perspektivismus, dem ökologischen Versprechen einer Deklaration der Naturrechte und mit der Schlüsselrolle des Indigenen in gegenwärtigen politischen Disputen konfrontieren.

The Forest and The School: Where to sit at the dinner table?: Podiumsdiskussion, Buchpräsentation und Filmprogramm von Pedro Neves Marques, Temporary Gallery, 27 11 2014, © Alfred Jansen

Der Präsentation des Buchs folgt eine Diskussionsrunde sowie ein Filmprogramm, kuratiert von Pedro Neves Marques. Während die Diskussion sich mit verschiedenen Ökologien und Genealogien der Publikation auseinandersetzt, wird das Filmprogramm zusätzlich zu ausgewähltem Filmmaterial aus dem brasilianischen Kino und der Bildenden Kunst, historische Dokumentationen, skurrile Bilder und weitere Materialien zeigen, in deformierter und autophagischer Form.

The Forest and The School: Where to sit at the dinner table?: Podiumsdiskussion, Buchpräsentation und Filmprogramm von Pedro Neves Marques, Temporary Gallery, 27 11 2014, © Alfred Jansen

In englischer Sprache.

PEDRO NEVES MARQUES ist Schriftsteller und Künster und lebt in New York. Sein Film Where to sit at the dinner table?, in dem er sich mit amerindischen Kosmologien in der Geschichte von Wirtschaft und Ökologie befasst, hatte auf der DocLisboa 2013, dem 11. Internationalen Filmfestival, Premiere. Marques war unter anderem auf der 12. Cuenca Biennale (Cuenca: 2014), dem SculptureCenter (New York: 2014), e-flux (New York: 2013) und der EDP Foundation vertreten und schrieb die Kurzgeschichte The Integration Process (Lissabon; Berlin: Atlas Projectos, 2012).

The Forest and The School: Where to sit at the dinner table?: Podiumsdiskussion, Buchpräsentation und Filmprogramm von Pedro Neves Marques, Temporary Gallery, 27 11 2014, © Alfred Jansen

Programm

DO 27 11 / 19:00 / 3 EUR

The Forest and the School/ Where to sit at the dinner table?

Buchpräsentation mit Herausgeber Pedro Neves Marques und anschließender Diskussionsrunde

Phasmides

Filmscreening

Regie: Daniel Steegmann Mangrané, Brasilien 2013, 22'41’’
portugiesisch mit engl. Untertiteln, Leihgabe des Künstlers

Phasmides folgt einer Insektenfamilie, die in einer komplexen, geometrischen, von Daniel Steegmann Mangrané geschaffenen Umgebung getarnt sind. Durch eine Serie abstrakter Einstellungen, in denen die Silhouetten der Insekten auf- und wieder abtauchen, zeigt er die Fragilität und Instabilität des cinematischen Bildes. Im Verlauf des Films werden aus geometrischen Formen organische; organische Formen enthüllen hingegen ihre Geometrie. Lebende Körper erscheinen unbelebt und das Unbelebte erscheint lebendig.

Mater Dolorosa II

Filmscreening

Regie: Roberto Evangelista, Brasilien 1978, 11’
portugiesisch mit engl. Untertiteln, Leihgabe des Künstlers

In diesem poetischen Videoessay, der am Arara-See des Rio Negro (Amazonas) aufgenommen wurde, reflektiert der Künstler die „Erschaffung und den Fortbestand von Formen“. Mit kritischem Blick verweist das Video auf die Umweltzerstörung und die ökonomische Ausbeutung der lokalen Bevölkerung. Die Formulierungen „ertrinkendes Land“ und „schiffbrüchige Kultur“, die auf Hélio Oiticica zurückgehen, werden hier durch Flaschenkürbisse, eine für die Region typische Frucht, verkörpert. Sie schwimmen im Fluss und werden von der Strömung geformt.

Phasmides, Regie: Daniel Steegmann Mangrané, Brasilien 2013, 22'41’’, film still Mater Dolorosa II, Regie: Roberto Evangelista, 11’, 1978, film still

Fr 28 11 / 19:00 / 3 EUR

Ilha das Flores

Filmscreening

Regie: Jorge Furtado, Brasilien 1989, 13'
Portugiesisch mit engl. Untertiteln

Der Film folgt einer Tomate, von der Plantage in den Supermarkt, in die Küche und schließlich in den Müll. Diese Wegstrecke dient Jorge Furtado als Folie, um die ökonomische, ökologische, soziale und ethische Krise der brasilianischen Gesellschaft zu analysieren. Das Schicksal der Tomate und die Logik der Analyse führen den Zuschauer auf die Blumeninsel (Ilha das Flores), ein Müllabladeplatz in Porto Alegre. Was diese Müllkippe sonst noch mit den Tomaten des Herrn Suzuki, dem Parfüm von Frau Anete, der freien Marktwirtschaft in Brasilien und dem Weltmarkt im Allgemeinen zu tun hat, dies alles veranschaulicht dieser virtuos produzierte Film auf eine ebenso ironische wie oft bitter-sarkastische Weise.

O Cinema Falado

Filmscreening

Regie: Caetano Veloso, Brasilien 1982, 112’
portugiesisch mit engl. Untertiteln

Brasiliens bekanntester Komponist und Sänger Caetano Veloso macht einen Abstecher in die Filmproduktion und schafft zusammen mit Freunden und Familie einen Film mit dreißig Segmenten in drei Kapiteln: der Literatur, der Musik und der Kunst. Aus dem Chaos einer großen Party entwickeln sich Dialoge, in denen es um deutsche Philosophie, avantgardistisches Theater und klassische Poesie, um Politik, Familienliebe und Homosexualität geht. Musik ist dabei überall präsent, in Tanz und Theater, mal brasilianische Melodien, mal britischer Rock. Der Film ist ein persönlicher Essay und stellt Bezüge zu Jean-Luc Godard und Federico Fellini her.

Ilha das Flores, Regie: Jorge Furtado, Brasilien 1989, 13', film still O Cinema Falado, Regie: Caetano Veloso, Brasilien 1982, 112’, film still

Sa 29 11 / 19:00 / 3 EUR

A Idade da Terra

Filmscreening

Regie: Glauber Rocha, Brasilien 1980, 140’
portugiesisch mit engl. Untertiteln

"A Idade da Terra (Das Alter der Erde) ist die Auflösung des Erzählkinos ohne Verzicht auf den infrastrukturellen Diskurs, in dem die wesentlichen Zeichen der so genannten Dritten Welt materialisiert werden: der Imperialismus, die schwarzen Kräfte, die massakrierten Indios, der Katholizismus des Volkes, der revolutionäre Militarismus, der städtische Terrorismus, die Prostitution der Großbourgeoisie, die Rebellion der Frauen, die Prostituierten, die sich in Heilige verwandeln, die Heiligen, die zu Revolutionärinnen werden. All dies enthüllt der Film vor der großartigen Kulisse der Geschichte Brasiliens und seiner drei Hauptstädte: Bahia, Brasilia und Rio. Es handelt sich um einen Film, der in der Zukunft Brasiliens spielt und eine neue Kunst darstellt, wie sie Villa-Lobos, Portinari, Di Cavalcanti oder Picasso hervorbrachte. Der Film liefert eine Sinfonie von Tönen und Bildern oder eine Anti-Sinfonie, die den wesentlichen Problemen auf den Grund geht. Er ist mein Porträt und das Porträt Brasiliens." - Glauber Rocha

A Idade da Terra, Regie: Glauber Rocha, Brasilien 1980, 140’, film still